Was machen Sie, wenn Sie mal keine Lust haben zu meditieren?

Mitte Februar 2024 erhielten wir eine Anfrage, ob wir über das Netzwerk Buddhismus Bonn jemanden vermitteln könnten, der/die für eine 9. Klasse des Helmholtz Gymnasium (HHG) in Bonn etwas über Buddhismus erzählen könnte. Im Rahmen des evangelischen Religionsunterrichts hatte Frau B., Lehrerin am HHG, bereits mit der Klasse über Grundlagen des Buddhismus gesprochen und nun suchten sie einen “Experten” oder eine “Expertin” zum Thema. Da der Termin relativ kurzfristig sein sollte, habe ich zugesagt und mich am 26.02.2024 mit 16 Schülerinnen und Schülern zu einem 90-minütigem Gespräch getroffen.

Um wirklich in einen Austausch kommen zu können, hatte ich die Lehrerin vorab gebeten, den Raum als Stuhlkreis zu stellen und die Tische an die Seite zu räumen. In diesem Format entstand dann ein recht lebendiger Austausch, sofern sich Jugendliche in dem Alter voreinander und vor Erwachsenen, mit ihren Erfahrungen und Fragen zeigen können/wollen. Einige aus der Klasse zogen es vor, es sich in ihren Stühlen bequem zu machen und dem ganzen eher passiv zu folgen. Andere stellten neugierige, reflektierte Fragen zum Buddhismus allgemein und zu meiner persönlichen Praxis und dem Leben als Zen-Mönch.

“Was ist das Ziel von Meditation?” Dieser Frage begegnete ich aus der Zen Perspektive und dem Ansatz, die Meditation möglichst absichtslos zu betreiben und sich nicht von den eigenen Konzepten und Vorstellungen von Erleuchtung etc. ausbremsen zu lassen. Gleichzeitig habe ich natürlich versucht, auch verschiedene Ansätze anderer Traditionen aufzuzeigen, um die Diversität der buddhistischen Schulen deutlich zu machen. Welche Gemeinsamkeiten teilen die buddhistischen Schulen und wo gibt es besondere Spielarten, die beispielsweise kulturell geprägt sind? Im Laufe der zwei Schulstunden bin ich auf die Drei Daseinsmerkmale, die Vier Edlen Wahrheiten, den Achtfachen Pfad und die Zuflucht eingegangen, um darüber hinaus immer wieder auch auf Fragen zu meinem persönlichen Lebensweg zu antworten.

“Würden Sie Ihre Kinder buddhistisch erziehen oder könnten sie frei entscheiden?”, “Ist Schlafen auch eine Form der Meditation?”, “Gibt es bestimmte Fragestellungen, denen man sich während der Meditation widmet?” und “Was, wenn Sie mal keine Lust haben zu meditieren?”
Eine sehr interessante Frage fand ich die, ob ich Kontakt zu Buddhist*innen oder Gemeinschaften hätte, die aus einer buddhistischen Gesellschaft stammen und daher mit dem Buddhismus aufgewachsen sind? Tatsächlich sind mir da sehr wenige Personen bekannt und ich erinnerte mich daran, dass wir uns im Netzwerk diese Frage schon einmal, während der Planung für eine Vesakh Feier gestellt hatten. Wie stellen wir Kontakt her zu den “Native Buddhists” in Bonn und Umgebung?

Nach einer guten Stunde mit Fragen und Austausch, lud ich die Jugendlichen dann zu einer kurzen Meditation ein, um für einige Minuten still zu werden. Zunächst bat ich alle die Augen zugehen zu lassen, damit sich niemand beobachtet fühlen musste. Ich denke, dies ist bei Jugendlichen in dem Alter hilfreich, um ein Einlassen auf die gemeinsame Meditation zu erleichtern. Mit wenigen Anleitungen, den Boden, den Körper und den Atem zu spüren, saßen wir dann für eine kurze Zeit, was die Atmosphäre im Anschluss noch einmal für mich deutlich veränderte. Ich meine, es war spürbar, dass einige wacher und gleichzeitig entspannter anwesend waren und dies zum Teil auch äußerten.

Zum Schluss erörterten wir noch die Lebensgeschichte von Siddharta Gautama, sein Geborenwerden und Aufwachsen in Wohlstand und Sicherheit und dem Wunsch der Eltern, einerseits Schwierigkeiten und Leid von ihrem Kind fernzuhalten aber andererseits auch der Erwartung, sich in vorhandene Strukturen einzufügen und den vorgegebenen Weg weiterzugehen. Dies und die Begegnungen des späteren Buddha mit Alter, Krankheit, Tod und Spiritualität ist heute noch immer aktuell und läßt sich auf das Erwachsenwerden vieler Jugendlicher übertragen. Letztlich kamen wir überein, dass auch wenn manchmal Zeiten des Rückzugs von der Welt nötig sind, Meditation oder ein spiritueller Weg bestenfalls auch im Alltag verankert sein sollte.

Ich habe den Austausch mit den Schülerinnen und Schülern des HHG sehr genossen und freue mich sehr über die Möglichkeit einer solchen Begegnung.

Patrick Ho Kai Damschen