Ein Aufruf zur Friedfertigkeit aus der AG Krieg und Frieden in der Deutschen Buddhistischen Union (DBU)

Vor einem Jahr, im Sommer 2023, gründeten einige deutsche Buddhisten die AG “Krieg und Frieden” in der DBU, die sich seitdem zu Online-Konferenzen trifft. Die AG, wie die gesamte DBU, ist selbstverständlich politisch überparteilich.

Nachdem wir uns bewusst geworden sind, dass in der über 2.500-jährigen Geschichte der von der Lehre des Buddha und seiner Nachfolger inspirierten Kulturen es immer wieder zu einer Beteiligung an kriegerischen Handlungen gekommen ist, bekennt sich der Kern der “AG Krieg und Frieden” in der DBU ganz zu den ursprünglichen und uneingeschränkt friedfertigen Einsichten und Lehren des Buddha und anderer großer Lehrerinnen und Lehrer des Buddhismus.
Zeitgenössische Vertreter des Buddhismus wie etwa der 14. Dalai von Tibet, Thich Nhat Hanh aus Vietnam, Maha Ghosananda aus Kambodscha und viele andere, haben gerade aufgrund ihrer Gewalterfahrungen eine Haltung von völligem Gewaltverzicht entfaltet und zum Ausdruck gebracht.

Der Schlüssel zu einer konsequenten Friedfertigkeit ist eine grundlegende Haltung von Unparteilichkeit in Konfliktfällen, der Nicht-Identifizierung mit einer Nation oder einer Volksgruppe und der Versuch in gewaltbereiten Menschen auch deren Leiden zu sehen. Auch sie leiden an ihren Ansichten, an Wut und Ärger, und den Konsequenzen der eigenen Gewaltanwendung. Daher gibt es die Möglichkeit, selbst mit einem Aggressor, eine geschickte und verständnisvolle
Kommunikation zu führen bzw. diese immer wieder anzustreben.

Auf der Grundlage unserer buddhistischen Praxis der Geistesschulung in Einsicht (Weisheit) und Mitgefühl rufen wir als Teilnehmerinnen und Teilnehmer der AG “Krieg und Frieden” die Leser dieser Schrift dazu auf, die folgenden Sichtweisen zu bedenken:

  1. Krieg mit Krieg zu beantworten führt immer zu noch mehr Krieg. Und Krieg ist das größte Leid, in das eine Zivilisation geraten kann. Jedwede Kriegsführung sollte daher vermieden bzw. so schnell wie möglich beendet werden. Alle Friedensinitiativen sind zu begrüßen und mit Dringlichkeit weiter zu pflegen.
  2. Selbst jene, die Gewalt anwenden, die Kriege auslösen und führen, erzählen Narrative, die verstanden werden müssen, um sie verändern und eine Friedenslösung herbeiführen zu können. Wenn man keinen Krieg will bzw. einen Krieg beenden möchte, dann muss man selbst aggressiven Machthabern zuhören und die Punkte herausfinden können, von denen aus sie ihre Haltung, ihre Härte und Aggressivität verändern können. Wenn man Frieden bewahren und Krieg beenden möchte, sollte eine zivilisierte Gesellschaft in der Lage sein, alle Möglichkeiten des Dialogs und der Diplomatie auszuschöpfen und nicht auf militärische und technische Gewalt setzen.
  3. Jene, die sich im Recht sehen, die sich bedroht fühlen oder sogar angegriffen werden, sollten selbst keine Aggressivität entwickeln, die denen der Aggressoren entspricht. Damit würden nur die Konflikte eskalieren und der friedfertige Charakter eines Landes oder einer Gesellschaft würde verloren gehen. Es mag sehr schwer und kompliziert erscheinen, Diktaturen und autoritären Systemen anders als mit Gegengewalt zu begegnen, wofür es
    durchaus gelungene Beispiele gäbe, aber Krieg gegen diese zu führen, führt nur zu weiteren unsäglichen Grausamkeiten und Zerstörungen.
  4. Insbesondere im Zeitalter hoch-technisierter Gesellschaften, in denen fortgeschrittene Computertechnologien wie die “Künstliche Intelligenz” und vor allem Atomwaffen ein nicht kalkulierbares und real einsetzbares Risiko darstellen, muss jedes Land und jeder Staatenbund lernen auf den Einsatz solcher zerstörerischer Technologien vollständig zu verzichten und diese unter keinen Umständen einzusetzen und somit deren Einsatz beim
    vermeintlichen Gegner nicht zu provozieren.
  5. Es gibt in allen Kulturen und Gesellschaften auf diesem Planeten weitaus mehr Menschen, die sich Frieden und Wohlergehen wünschen als es gewaltbereite und zur Kriegsführung willige Menschen gibt. Allenfalls können viele Menschen von Machthabern und Manipulatoren dazu gebracht werden, sich für Gewaltanwendungen zu entscheiden. Viele Religionen und spirituelle Traditionen, wie der ursprüngliche Buddhismus, bieten Mittel und Wege an wie man Friedfertigkeit, eine verständnisvolle Kommunikation und ein wertschätzendes Miteinander gewaltfrei kultivieren und praktizieren kann. In Frieden zu leben ist eine natürliche Qualität des Daseins für alle mit Liebe und Vernunft begabten Lebewesen. Mehr und mehr Menschen
    müssen bewusst zeigen, was dies bedeutet und wie man in Frieden, mit gegenseitigen Verständnis und Respekt und echter Verbundenheit miteinander leben und kooperieren kann.
  6. Wir weisen auf das Menschenrecht der Wehrdienstverweigerung hin: Kein Mann und keine Frau, und schon gar keine Minderjährigen, sollten zu einem Dienst mit Waffen und zur Ausübung militärischer Gewalt gegen ihren Willen angeworben, herangezogen oder ausgebildet und eingesetzt werden. Wir sind in großer Sorge über die angestrebte Re- Militarisierung der deutschen Gesellschaft und rufen dazu auf, sich dieser Entwicklung mit friedlichen Ausdrucksformen zu widersetzen und stattdessen eine Friedenskultur zu pflegen, in denen Menschen in ihrer Persönlichkeitsentfaltung, sozialen Kompetenz, Kreativität, in ihrer individuellen Freiheit und Schönheit gefördert werden. Menschen, die die Einsicht zur Verweigerung von Gewaltanwendung und Kriegsbeteiligung entwickelt haben, sind auf jeden Fall zu würdigen und zu beschützen. Dies gilt für alle Menschen, die eine friedliebende Lebenseinstellung kultiviert haben und zum Ausdruck bringen wollen.

Auf der Grundlage unserer buddhistischen Praxis der Geistesschulung in Einsicht (Weisheit) und Mitgefühl rufen wir als Teilnehmerinnen und Teilnehmer der AG Krieg und Frieden die Leser dieser Schrift dazu auf, diese Sichtweisen, ihre Einstellungen und ihr Handeln entsprechend zu reflektieren. Von universellem Mitgefühl getragene und in dieser Hinsicht einsichtsvolle Friedensinitiativen in der deutschen und internationalen Gesellschaft und Politik sollten, natürlich
überkonfessionell, geistig und konkret unterstützt werden und jede Kriegsbefürwortung und -beteiligung vermieden und beendet werden.

Wie es heißt: Es gibt keinen “Weg zum Frieden”. Frieden ist DER WEG.
D.h. alle Bemühungen um Frieden müssen selbst von Friedfertigkeit getragen sein.

Verfasst von Yesche U. Regel
(Buddhistischer Lehrer und Moderator der AG Krieg und Frieden)
mit Unterstützung von Teilnehmern der AG Krieg und Frieden in der Deutschen Buddhistischen Union

Yesche U. Regel – www.yesche.de – PARAMITA BONN – yesche-regel@t-online.de